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„Keine Mauern im Kopf“ – Getting Tough The Race 2014

Verfasst von Carolin Zendler *
Laufsport, Laufveranstaltungen
GT6

 

Härtester Hindernislauf Kontinentaleuropas, das ultimative Rennen der Superlative, oder einfach nur: 24 Kilometer Trails, Matsch, Wasser, Klettern, eben mein Metier 🙂

Vorweg muss ich zuallererst in aller Ausdrücklichkeit schreiben: ich bin KEIN Verfechter von Krieg und derlei Übungsgedöns. Ich habe einfach nur Spaß an der Kombination aus schnellen Bergläufen, fiesen Downhillstrecken, matschigen Wegen, schlotternden Knien, rutschigen Trailpassagen und gaaaanz viel eisernem Willen, ins Ziel zu gelangen, komme, was wolle.

 

Um den Lauf zu beschreiben, müsste ich die Eindrücke in meinem Kopf irgendwie als Video zu Papier bringen, da diese so vielfältig und dicht aufeinander f olgten, dass das fast unmöglich ist, deshalb folgen hier auch einige Bilder. Einen Versuch ist’s dennoch wert.

Auf geht’s nach Rudolstadt, vier Stunden Fahrt nach Thüringen, ein Abenteuer ins Unbekannte.

Man hat immer eine Wahl. Man kann wählen, ob man sich anmeldet (done) ob man in kurz oder lang läuft aufgrund des Rollsplits in den Kriechhindernissen und im Gegensatz dazu dem nassen Stoff auf der Haut nach Schwimmhindernissen (oben lang, unten kurz). Man kann zwischen Bananen und Snickers wählen, oder unterwegs einfach alles mitnehmen, was geht (alles!). Man kann wählen, ob man zusammen oder alleine läuft (natürlich mit Daniel wie immer, und Simon, bestes Team), und man kann wählen, ob man aufgibt oder nicht (keine Frage).

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Man wählt die Art, wie man Hindernisse überwindet, mit Hilfe, ohne Hilfe, großes Loch, kleines Loch, Wassergraben schwimmend oder gehend, und so vieles mehr, dass einem vom ganzen Wählen gar keine Zeit mehr bleibt, über das Ausmaß des Laufes nachzudenken, den man gerade absolviert. Herrlich, um den Kopf

mal ganz einer einzigen Sache zu widmen: warm zu bleiben und durchzulaufen.

Außerdem wählt man vielleicht zwischen einem lockeren Lauf oder einem Rennen auf Zeit, aber das ist ein anderes Thema.

Als der Startschuss fiel, waren wir durch die lange Ansprache recht kühl im Kopf, doch wir folgtem dem Strom der Starter, die regelrecht Richtung des ersten hindernisses, einem Kriechen unter Stacheldraht und Strom über 30 Meter Länge, flogen.

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Danach wurden die Füße der ersten Dusche unterzogen, zweimal quer durch einen Wassergraben gab der Dreck uns schon einmal das nötige Aussehen, und fort ging es in wilden Schlenkern über ungepflügte Äcker, Trails, Matschgräben, Reifentürme, 3-6 Metern hohen Kletterhindernissen, und zweimal quer durch eiskaltes Freibadwasser, das triathletenhaft im Kraulstil durchpflügt wurde.

Was ich von dem Lauf erwartete? „Dani, wir machen langsam, wir haben einfach Spaß, zwischen 3-4 Stunden bestimmt. Ich hab so Schiss!!!“ Natürlich mit einem breiten Grinsen im Gesicht wurde nur geantwortet: „Du läufst auf Sieg, aber sicher.“ Träume darf man ja haben, dachten wir beide, und liefen einfach mal drauflos. Easy, locker, tatsächlich ein Heidenspaß. Dann sammelten wir unterwegs Simon ein, der sich uns ohne Zögern anschloss und fortan bis ins Ziel mit einband.

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Bei Kilometer 8 wurde aus Spaß plötzlich mehr ernst als erwartet, als einer der Ordner auf uns zeigte und rief: Sechste Frau, sauber!

Wir schauten uns alle sehr verdutzt an, begannen zu kichern, und mit einem „auf geht’s, bei mir läuft die fünfte Frau“, ward die Jagd eröffnet. Die fünfte Frau war nach Ende des fiesen Bergauftrails, den die meisten nur schweigend gingen statt zu laufen, eingeholt, und wir schworen uns, keine annähernd weibliche Person mehr an uns vorbeiziehen zu lassen.

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Über wunderbar sandige Waldwege ging es einige Zeit später wieder in irrem Zickzack die Berghänge hinunter, und nicht wenige Krankenwägen standen in den weiteren Kurven, um umgeknickte Teilnehmer zu versorgen. Wir rollten ohne irgendeine Wand im Kopf (danke, Arne) dahin und überholten Teilnehmer um Teilnehmer im Dreierteam. Kaum einer fand es lustig, dass Daniel noch Laola-Wellen ausrief, und einige meinten gar, „irgendwas läuft hier falsch, ich wurde eben von einer Frau überholt“.

Wir rollten bis zu den Freibädern, tauchten (mit einem ganz leichten Zögern, aber schon verrückt genug im Kopf) mit Kopfsprung hinein und unter den Baumstämmen hindurch, ließen uns unter dem Klatschen und Schreien der Zuschauer weitertragen, und gingen Arm in Arm zu dritt durch das hufeisenförmig ausgehobene hüfthohe eisige Wasserhindernis, was die Moderatoren begeisterte.

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Schlag um Schlag folgte, und die kalten Waden schlugen sich tapfer ohne Krämpfe durch die kalte Kulisse. Hängen, Klettern, Kriechen, Rollen, Springen, und einander Anschreien – daraus bestand der kleine Bruder des WALK OF FAME ab Kilometer 19.

Das finale Teilstück, auf das unser Sinnen und Trachten seit Beginn des Races ausgelegt war, rückte näher und wurde immer sichtbarer: der WALK OF FAME. Das Endstück des Races, das die meiste Zeit, die meisten Nerven, die meiste Konzentration, und im Grunde den meisten Spaß bereitete. Hindernisse, die nicht zu Unrecht superlativ genannt wurden. Ich hoffe, die Bilder bringen einen Teil dieses fantastischen Stück Weges herüber.

Was supergeil war? Die Strecke. Wunderbare Aussichten, absolut wunderschöne Trails, knackige Anstiege wie beim Bergsteigen gepaart mit beinahe downhill-biking anmutenden Steilhängen. Hindernisse, gespickt von Einfallsreichtum der Organisatoren. Zuschauer, die sich nicht lumpen ließen. Eiskaltes Wasser. Feuer. Holz. Papier. Reifen. Nebel. Alles, was man sich nur vorstellen mag, in den irrsinnigsten Konstellationen.

Was wirklich schlimm war? Der letzte Kilometer vom Ziel bis zu den Duschen. Wären nicht die Interviewer und Kalli (Chef des ganzen Irrsinns) gewesen, die Daniel und mich beiseite genommen hatten, um die fünfte Frau zu interviewen – wir wären sicher noch einigermaßen warm unter die Dusche gekommen. So aber hieß es zuerst: Interview geben und versprechen, wiederzukommen, Umarmung von Kalli abholen, Bild machen lassen, in eine Notfalldecke eingehüllt zu wartenden Freunden huschen, mit klappenden Zähnen Hallo sagen, und dann in Windseile nur iiiirgendwie unter die warme Dusche und mindestens eine halbe Ewigkeit duschen.

Fünfte Frau! Als fünfte Frau konnte ich mich, und als Mann unter den ersten 10% konnte Daniel sich ebenfalls nicht lumpen lassen. Nach ausgiebiger Dusche eilten wir zurück zum Walk of Fame, um den Mitläufern, die sich noch ins Ziel schlugen, über die Hindernisse zu helfen. Manch einer betitelte uns darauf als „Engel“ und verlieh uns noch eine zusätzliche Medaille.

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Und DAS war für mich auch das Allerallerschönste an dem gesamten Rennen: die Freude, die die später Einlaufenden darüber hatten, dass wir sie unterstützten. Dass wir nochmal da waren, damit auch sie einlaufen konnten, nach beinahe 5h. DAS sind auch die Mitläufer, vor denen ich den allerallergrößten Respekt habe, denn das einzige, was manche davon noch weitertrieb, war nur der Biss im Kopf, nicht aufzugeben. Da war es wunderbar, ihnen helfen zu können, und zu zeigen, dass das, was sie fertigbrachten, die wahre Heldenleistung war.

Darin sind Daniel, Simon und vermutlich viele andere uns einig: was zählt, ist, anzukommen. Egal wie, und egal wann. Sieger ist jeder, der den Fuß über die Ziellinie setzt, als allererster oder als allerletzter.

Fünfte Frau bei diesem extrmen Rennen, das hätte ich mir nie im Leben ausgemalt!

Im Rahmen des Rennens haben wir so viele tolle Menschen kennengelernt, auf der Strecke, als Posten, oder auch im Ziel – es war ein wunderbares Erlebnis, und ja, Cheffe Kalinowski, die Catze und ihre Begleiter kommen wieder, und dann laufen wir von Anfang an auf Zeit 😀

Carolin Zendler und Daniel Orthofer

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