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Hamburg kann (Langdistanz-) Triathlon!

Verfasst von Jens Pruschke *
Ironman/Ultra, Triathlon
Laufen HH Ironman 650

Nach meiner ersten Langdistanz im letzten Jahr habe ich mich im Laufe des Herbstes dazu entschieden eine weitere Langdistanz in Angriff zu nehmen. Ich wollte nicht weit reisen und Frankfurt sowie Roth waren schon ausgebucht. Eine schnelle Strecke mit guter Stimmung beim Laufen sollte es werden. So fiel die Entscheidung schließlich für Hamburg. Die Stadt beherbergt alljährlich, in Kombination mit der ITU World Triathlon Serie, etablierte und ausgesprochen stimmungsvolle Sprint- und Kurzdistanz Wettkämpfe. Und seit drei Jahren findet im Sommer auch eine Ironman Veranstaltung statt, für die ich mich dann angemeldet habe.

 

In den zwei Tagen vor dem Wettkampf stellte ich dann fest, dass diese Triathlonveranstaltung in einer europäischen Metropole nur eine Nebenveranstaltung zu sein scheint. Das rege Treiben der Hansestadt, mit all seinen Vor- und Nachteilen, nahm seinen normalen Lauf. Die Co-Existenz zwischen privaten Einzelschicksalen auf der Straße und lässig umher geschobenen 4000-12000 EUR Zeitfahrboliden ist schon sehr surreal und regt zum Nachdenken an. Einmal bei den Hotspots der Veranstaltung angekommen kann man sich der Diskrepanz jedoch entledigen und in die typische Triathlonwelt abtauchen.

Natürlich bekam ich während der Vorbereitung, nach dem – wegen zu hoher Blaualgenkonzentration – ausgefallenen Schwimmen im letzten Jahr, oft die Frage, „meinst Du Ihr könnt schwimmen?“. Ich war mir (mehr oder weniger unberechtigt) sehr sicher, dass sich ein so heißer Sommer wie in 2018 nicht im Folgejahr wiederholen würde. Die Entscheidung fiel dann aber doch erst am Freitag vor dem Wettkampf. In der Wettkampfwoche war es für Hamburg nochmal richtig heiß geworden und die Blaualgen-konzentration sorgte für zusätzliche Schweißperlen auf der Stirn der Veranstalter. Dann die gute Nachricht bei der Wettkampfbesprechung auf dem Rathausmarkt: „Das Schwimmen wird stattfinden!“. Tosender Applaus kam von den Rängen der aufgebauten Tribünen, noch stärker als sonst, wenn die Neo-Freigabe bekannt gegeben wird. Letzteres wurde auf den Sonntagmorgen verschoben. Mit einem Votum für den Neo für die Altersklassenathleten.

So machte ich mich am 28.07.2019 in der Großstadt-Morgendämmerung auf den Weg in die sehr lange Wechselzone auf dem Ballindamm am östlichen Ufer der Binnenalster. Die typische Mischung aus Aufregung, Hektik und Fokussierung in der Wechselzone war deutlich zu spüren und sorgte für die letzte Stufe der Anspannung vor dem Sprung ins mehr oder weniger kalte Nass. Nach dem Profistart um 6:30Uhr ging es für mich um kurz vor 7Uhr ins Wasser. Das Schwimmen in der Binnen- und Außenalster bei aufgehender Sonne hat schon eine besondere Atmosphäre. Die Wasserqualität ist meiner Meinung gar nicht so übel wie viele behaupten. Das passieren der Brücken ist ein besonderer Moment, es wird dunkel und eng. Da sorgte auch nicht der Rolling-Start für eine ausreichende Entzerrung. Aber außer ein paar leichte Tritte und wahrscheinlich lieb gemeinte Seitenhiebe am Kopf und Körper ist nichts weiter passiert. So konnte ich nach gut einer Stunde und neun Minuten die Alster verlassen und mich in Richtung Radstrecke begeben. Der Schwimmausstieg war schon gut umringt von vielen Zuschauern, die eine tolle Stimmung präsentierten.

Radfahren HH Ironman 650

Die Radstrecke wurde dieses Jahr neu entworfen (laut Veranstalter 183km und effektiv 185km) und hatte einen längeren Teil in der Hafencity (mit dem Highlight der Überquerung der Köhlbrandbrücke inkl. einem tollen Blick über die Stadt und den Hafen) sowie einen Abschnitt am Deich entlang und zurück. Innerhalb der City waren viele Stellen, die Vorsicht, wegen schlechtem Straßenbelag oder Schienenüberquerungen, verlangten. Die Strecke am Deich entlang lud ein um ordentlich konstant Tempo zu machen. Der Wind, der an dem Tag für hamburger Verhältnisse nicht so arg stark war, ließ die Konstanz etwas variieren, aber es hätte schlimmer sein können. „Dann drückt man halt mal durch die Böen durch“ kam mir dann doch auch mal in den Kopf. Auch wenn die Beine dann evtl. etwas überstrapaziert werden, im Hinblick auf den folgenden Laufabschnitt. Aber ein klarer, vernunftorientierter Gedanke ist nicht unbedingt der beste Freund eines jeden Athleten im Wettkampf. Ich hatte das Glück, dass die Straßengegebenheiten bei mir nicht für eine Panne gesorgt haben und ich so, nach 5 Stunden und gut einer Minute, zum zweiten Wechsel kommen konnte.

Dann kam der spannendste Abschnitt des Tages, der abschließende Marathon über 4 Runden auf der westlichen Seite des Alsterufers. Die Stimmung war, wie von mir erhofft, grandios. Es gab kaum ein Abschnitt, an dem nicht triathlonbegeisterte Menschen standen und Anfeuerungsrufe auf die Strecke brachten. Auf jeder Runde läuft man am Ende auf die Ziellinie auf dem Rathausmarkt zu, muss aber die ersten drei Male links abbiegen und die Strecke erneut auf sich nehmen. Um das Zählen zu vereinfachen bekommt man am Ende jeder Runde ein farbiges Armbändchen, das einen auch in geistiger Umnachtung daran erinnert auf welcher Runde man sich befindet. Diese Hilfe ist unter Umständen gar nicht so dumm, wie ich finde. Auf meiner ersten Runde merkte ich, nach einem guten Start, dass es ein sehr schwieriges und zähes Laufen wird. Anders ausgedrückt, ich hatte mein erstes großes Tief. War ich beim Radfahren doch etwas übermotiviert?

Was nun tun? Ich habe die Variante gewählt an fast allen Verpflegungsstationen zu gehen und „in Ruhe“ Wasser, Iso oder sonstiges was Energie bringen kann und mit der Stimmung meines Magens vereinbar war, zu mir zu nehmen. Nicht zu vergessen diverse, mit kaltem Wasser durchtränkte, Schwämme sowie Eiswürfel dort in den Einteiler zu stecken wo es nur geht. So konnte ich die schwache Phase überwinden und mein Rennen weiter fortsetzen. Das ein oder andere weitere kleinere Tief kam und ging aber auch wieder. Es ist ja eigentlich klar, der Kopf ist in solchen Momenten das Entscheidende. Aber das dann auch wirklich mal zu erleben ist höchst interessant. Selbstgespräche und Freunde an der Strecke helfen da ungemein. So wurde ich zuversichtlicher, dass ich mein Ziel unter 10 Stunden zu bleiben doch noch erreichen kann. Als ich dann zum vierten Mal am „Gänsemarkt“ in der City, wo die größte Stimmung herrschte, das letzte Bändchen für die vierte Laufrunde bekam – inkl. Zuruf „go to the finish line!!!“ -, bekam ich passend auch Gänsehaut und konnte gefühlt noch zu einem Schlusssprint ansetzen. Das ganze endete dann nach 9 Stunden und 52 Minuten mit einem Genussspaziergang auf dem 100m langen roten Teppich. Ziel erreicht und mega happy!

Unabhängig von meinem Rennen zeigte diese Veranstaltung, dass nicht nur die kürzeren Distanzen in Hamburg gefeiert werden können. Nein, auch eine Langdistanz mit einem Schwimmen vorne weg ist im Norden gut organisiert und atmosphärisch nicht zu unterschätzen. Die vermeintliche Randerscheinung in der Metropole wird an dem Wettkampf-Sonntag dann doch zu etwas Besonderem.

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