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Ultratriathlon Emsdetten 14.-16.6.2013

Verfasst von Richard Widmer *
Ironman/Ultra, Triathlon
Laufen 8

Vorbereitung auf den Wettkampf

Direkt nach dem Triathlon in Neulengbach hatte ich eigentlich vorgehabt zu versuchen, mir meine Sportlichkeit vom Wettkampf zu bewahren und auszuprobieren ob ich dann in Emsdetten noch etwas schneller sein kann. Der Muskelkater war am Dienstag schon wieder weg, ich fühlte mich vollkommen fit und wollte dieses Mal etwas fleißiger laufen damit mir nicht wieder die Kraft in den Beinen ausgeht. Geklappt hat dieser Plan aber natürlich mal wieder nicht.

Zunächst habe ich eine Kinderfreizeit geleitet, dann wollte ich an meiner Magisterarbeit weiterkommen und nebenbei ergab sich auch noch allerlei anderer Kleinkram so dass ich erstmal drei Wochen fast gar nicht zum Laufen kam. Lediglich mit meinem Radtraining war ich zufrieden. Das Fahrrad nutzte ich während der Kinderfreizeit regelmäßig um einkaufen zu fahren und anschließend für verschiedene Radtouren, z.B. nach Basel, nach Zwiefalten, in den Schwarzwald, oder zum Stuttgarter Flughafen.

Mein Lauftraining in den vier Wochen zwischen den Wettkämpfen beschränkte sich im Wesentlichen auf eine größere Laufrunde, die ich am Dienstag vor dem Wettkampf in Emsdetten durch den Schönbuch und das Ammertal unternahm.

Als ich am Donnerstag vor dem Wettkampf mit meiner Freundin zusammen barfuß einen Spaziergang machte kam mir noch die Idee dass dies eine ganz gute Möglichkeit sein könnte die Fußsohlen etwas abzuhärten um keine Blasen zu bekommen. Dieses Jahr war ich bislang noch sehr selten barfuß unterwegs und vielleicht lag es daran, dass in Neulengbach meine Fußsohlen so empfindlich waren. Am Abend dieses Tages brachte ich es dann nicht fertig bei dem schönen Wetter mit dem Zug zu meinen Eltern zu fahren, sondern radelte gemütlich mit dem Fahrrad über die Alb um in Baach meine Sachen für den Wettkampf ins Auto zu packen.

 

Meine Erwartungen nach dieser Vorbereitung liefen darauf hinaus, dass ich beim Schwimmen und Radeln genauso schnell, oder sogar schneller als in Neulengbach sein würde, das Laufen dagegen schwieriger werden würde. Tatsächlich verhielt es sich beim Wettkampf aber ganz anders als von mir erwartet.

Ankunft in Emsdetten

Um 15 Uhr am Freitag sollten wir zur Blutkontrolle in Emsdetten sein. Wir waren einigermaßen pünktlich dort, bekamen sofort einen Platz zum Parken zugewiesen, wurden informiert wo wir zelten können und ich ging gleich ins Gebäude um meine Startunterlagen abzuholen und mir Blut abnehmen zu lassen. Gemeinsam mit den Startunterlagen bekam ich eine Zeitung in die Hand gedrückt, mit den Worten dass ich darin vorkomme. In einem Artikel mit dem Titel „Weltmeister am Start“, wurde ich als einer der „interessanten Sportlertypen“ vorgestellt (inklusive Bild) und auch als einer der Favoriten gehandelt.

Die Ärztin die Blut abgenommen hat war nett. Sie erzählte mir, dass sie als Ärztin schon mehrere Langdistanzen betreut hat, unter anderem den Dreifachironman in Lehnsahn. Selbst wollte sie dieses Jahr beim Ironman in Frankfurt starten.  Weiter hat sie erzählt, dass wir (Wettkampfteilnehmer) jederzeit zu ihr kommen können und erzählen, wenn wir irgendwelche Beschwerden haben. Sie nimmt uns dann keineswegs sofort aus dem Rennen, sondern wird auf jeden Fall versuchen, dass wir das Rennen gut und heil beenden können. Sie hat auch von jemandem erzählt, der in Lehnsahn kurz davor war aufzugeben und dem sie dabei geholfen hat letztendlich doch noch ins Ziel zu gelangen. Ich musste zwar bislang noch nie medizinische Hilfe in Anspruch nehmen bei einem Wettkampf, fand es aber wichtig und wertvoll, wie bemüht sie war Vertrauen zu den Sportlern aufzubauen.

 

Auch sonst war sie im Übrigen mit Leib und Seele beim Wettkampf dabei. Sie ist immer wieder eine Runde mit jemandem mit um den Parkplatz gejoggt um zu fragen wie es geht und Tipps zu geben, oder hat mitgeholfen einen netten Zieleinlauf für die Letzten auf der Laufstrecke zu organisieren.

Nach der Blutentnahme gingen wir kurz zum Tanken und zum Einkaufen. Wieder zurück bauten wir schnell unser Zelt auf, dann versuchte ich mein Fahrrad startklar zu machen. Eigentlich hatte ich noch die Wettkampfstrecke ansehen wollen, aber bis ich die Reifen aufgepumpt, die Schaltung eingestellt und die Kette geölt hatte, war es auch schon 17 Uhr und Zeit zur Eröffnungsfeier zu gehen. Das Essen bei der anschließenden Pastaparty war gut, vielfältig und reichlich und auch der Aufbau des Buffets war sehr durchdacht. Man konnte sich in 4 Reihen anstellen, so dass die Wartezeit nicht sonderlich lange war.

 

Allgemein war mein Eindruck von der Organisation gut. Das Programm war angenehm straff, alles war sehr nah beieinander, die Duschen waren warm, die Laufstrecke führte direkt am Auto vorbei, es waren Stromanschlüsse auf dem Parkplatz verlegt und wir fanden uns sofort wunderbar zurecht.

Am Abend, nach dem Essen, schauten wir uns wenigstens noch an, wo das Schwimmbad lag, anschließend montierte ich noch Reifen und Schläuche auf meine neuen Ersatzlaufräder. Dann wollte ich ins Bett, leider mal wieder viel später als eigentlich geplant.

Im Zelt angekommen musste ich feststellen, dass die Luftmatratze undicht war und keine Luft mehr hatte. Ich holte also aus dem Auto wieder die Luftpumpe, leider hatten wir aber kein Flickzeug dabei. So fand ich zwar das Loch, konnte aber gar nichts dagegen machen. Die Nacht wurde dadurch etwas härter und kühler als ursprünglich geplant, vor allem für meine Schwester die nur einen ganz dünnen Baumwollschlafsack dabei hatte.

Wettkampfmorgen

 Schwimmen 1

Warten auf den Startschuss (ich bin der zweite von links, mit der rosa Bademütze)

Am Morgen hatte ich ein wenig mit Motivationsproblemen zu kämpfen. Eigentlich hatte ich gar keine so riesige Lust zu starten und irgendwie auch nicht wirklich etwas zu gewinnen. Beim ersten Rennen letzten August wollte ich sehen und ausprobieren wie ich mich bei dieser Disziplin schlage und wie ich dabei im Vergleich mit anderen dastehe. Ich war also gespannt und es war eine nette Gelegenheit mal wieder ein paar Grenzen auszutesten. Bei dem Wettkampf vor vier Wochen in Österreich war dann die Herausforderung sich auch bei den Weltmeisterschaften dieser Disziplin möglichst gut zu schlagen und zu sehen ob ich nicht auch dabei gut abschneiden kann.

Nun war es so, dass ich sowieso niemanden mehr sonderlich damit überraschen konnte, wenn ich gewinnen würde. Die meisten würden voraussichtlich nur sagen, dass sie sich das gleich gedacht hatten. Mir stand also ein langer Tag bevor, an dem ich mich ziemlich würde anstrengen müssen um als erster im Ziel zu sein, ohne damit aber irgendjemanden beeindrucken, oder mir selbst etwas beweisen zu können. Auch Aussichten auf eine eigene Bestzeit machte ich mir keine sonderlich großen, angesichts meines eher knappen Lauftrainings in den vier Wochen zuvor.

Insofern macht es mir auf der einen Seite zwar sehr viel Spaß Sport zu machen, Menschen mit ähnlichem Hobby kennen zu lernen, mich mit diesen zu messen und dabei offizielle Messungen und Urkunden meiner sportlichen Fähigkeiten zu bekommen. Auf der anderen Seite kostet es aber doch immer wieder Kraft, Energie und Anstrengung die gar nicht so leicht zu mobilisieren ist, wenn man weder sich noch anderen gerade dergleichen beweisen möchte.

 Schwimmen 2 1

Beginn des Schwimmens

Schwimmen

Startschuss war um sieben Uhr. Fünf Minuten vorher ertönte lautstark die Filmmusik von Fluch der Karibik im Schwimmbadareal um anzukündigen, dass alle auf ihre Startposition sollten. Als die Musik begann war ich nur noch alleine mit meiner Schwester in der Wechselzone und versuchte gerade den Neoprenanzug anzuziehen. Auch wusste ich noch gar nicht auf welche Bahn ich eingeteilt war. Das fand ich dann zum Glück recht schnell heraus ging ins Wasser, sprach mich mit den anderen ab in welcher Reihenfolge wir losschwimmen wollten und schon war die Musik zu Ende, der Countdown wurde herunter gezählt und der Startschuss eröffnete das Rennen.

Schwimmen 4

Das Schwimmen kam mir relativ anstrengend vor und lief nicht wirklich gut. So probierte ich lediglich die Strecke möglichst gut hinter mich zu bringen und hoffte, dass das Radeln besser werden würde. Prognosen für den Wettkampf an sich lassen sich beim Schwimmen glaube ich noch nicht so wirklich abgeben. Radeln oder Laufen kann trotzdem gut funktionieren und auch für die Gesamtzeit ist das Schwimmen nicht so wirklich ausschlaggebend. Außerdem schwammen bis auf Roland, der uneinholbar vorneweg schwamm, wir restlichen fünf die ganze Strecke auf einem Haufen. Den Anschluss an die Spitzengruppe verloren hatte ich also auch noch nicht.

Am Rand des Beckens war eine Uhr aufgebaut worden, die anzeigte wie lange der Wettkampf schon lief. Die beobachtete ich und wartete darauf, wann die zwei Stunden endlich um sind.

 Wechsel 1

Auf dem Weg zur Wechselzone

Radeln

Irgendwann, nach 2:07 Stunden, durfte ich aus dem Wasser und begab mich auf mein Fahrrad. Die Sonnencreme hatte ich leider im Auto vergessen, das Eincremen musste ich also wohl beim Radfahren erledigen. Der Rest klappte aber reibungslos und als dritter rannte ich zur Radstrecke, gespannt wie diese aussehen und laufen würde.

 Radeln 2 Wendepunkt

Wendepunkt der Radstrecke

Sie war relativ schwer zu fahren. Es gab auf den gut 4,5 Kilometern 6 Kurven um die 90 Grad, die ich meistens nicht mit dem Aerolenker durchfahren habe und bei denen ich kurz aufhören musste in die Pedale zu treten. Außerdem gab es eine Stelle mit einem Absatz, bei der ich auch jedes Mal die Lenkerposition wechselte um mit dem Rad darüber zu hüpfen. Und schließlich gab es noch einen sehr engen Wendepunkt, an dem wir auf einer Breite von zwei Spuren umdrehen mussten. Hinzu kam dass es mal wieder windig war und ausgerechnet die Strecke gegen den Wind verlief durch freie Felder, wo er seine Kraft gut entfalten konnte.

Ich radelte vor mich hin, hatte aber zunächst keinen Anhaltspunkt wie lange ich für eine Runde brauchte, da die Uhr erst als die letzten ihr Schwimmen beendet hatten an der Radstrecke aufgebaut wurde. Vom Gefühl her fühlte ich mich wohler als beim Schwimmen, aber während vier Wochen zuvor meine Beine irgendwann Spaß daran gefunden hatten Druck auf die Pedale zu bringen, so dass ich vom Gefühl her spielerisch und leichtfüßig schnell fahren und die Geschwindigkeit genießen konnte, stellte sich dieses Gefühl am Samstag nicht ein. Ich musste mich nie zügeln in meinem Elan, sondern war froh vorwärts zu kommen.

 Radeln 4

beim Radeln

Als Roland mich nach ein paar Runden überholte, hatte ich keinerlei Lust mich an dessen Geschwindigkeit zu orientieren und dachte dass er gerne gewinnen darf, wenn er so weiter fährt. Nach einer Weile kamen dann Steve und Ghislain von hinten und auch die schienen es mächtig eilig zu haben. Trotzdem fuhr ich hinterher und einige Runden lang fuhren wir in wechselnden Konstellationen auf den Plätzen zwei, drei und vier am Wendepunkt und damit auch den Moderatoren und den meisten Zuschauern vorbei.

 Regen 1

Gerry im Regen

Irgendwann ließ sich Ghislain wieder etwas zurückfallen, mit Steve dagegen unterhielt ich mich immer wieder. Er war sehr nett und es war absolut unterhaltsam ab und zu ein paar Worte wechseln zu können.

Nach einer Weile zogen dunkle Wolken auf und es begann kräftig und kalt zu regnen. Ich war nach kürzester Zeit durchnässt und hoffte, dass es bald wieder aufhört, damit ich nicht anhalten und etwas anziehen musste. Außerdem wusste ich nicht so richtig wie schnell mein Fahrrad bei nasser Straße rutscht und fuhr daher ziemlich vorsichtig um all die Kurven.

So ließ ich Steve ziehen und fuhr wieder für mich alleine meine Runden. Der Regen ließ nach kurzem nach und mein T-Shirt und zum Glück auch meine Hose trockneten ziemlich schnell. Nur die Socken und die Schuhe blieben eine ganze Weile nass und ich überlegte, ob es sich nicht lohnen könnte kurz anzuhalten und wenigstens trockene Socken anzuziehen, damit meine Füße nicht stundenlang nass aufgeweicht und damit auch empfindlicher sind. Letztlich hatte ich aber doch keine Lust und irgendwann waren sie von selbst getrocknet.

Als die Sonne wieder hervorkam und die meisten Wolken verschwunden waren ließ ich mir die Sonnencreme geben, steckte sie in den Flaschenhalter und cremte mich auf dem Rückenwindabschnitt ausgiebig ein. Leider hatte ich dadurch Sonnencreme an den Händen und als ich das nächste Mal eine Banane aß schmeckte diese nicht so lecker und mir wurde schlecht. Was zum Glück schnell wieder verging.

 Radeln Benassi mit 1 Bein

Dominique Benassi legte die Strecke mit einem Bein zurück

Irgendwann fing ich an zu rechnen, wie schnell ich denn fahren muss, um noch vor neun Uhr auf die Laufstrecke wechseln zu können. Ab neun Uhr musste man ein Licht montieren, mein Rücklicht hatte ich aber zuhause vergessen gehabt. Da ich allerdings eine Stunde langsamer auf dem Rad hätte sein dürfen, als in Neulengbach, um dennoch um neun mit der Radstrecke fertig zu sein, hatte ich mir keine größeren Sorgen gemacht. Nun wurde es jedoch doch noch ein wenig knapp. Ich musste mich also wenigstens so stark beeilen, dass ich nicht auch noch irgendwie ein Licht würde organisieren müssen.

Einen Sieg hatte ich im Endeffekt schon eine Weile aufgegeben. Ich wollte mir keinen Fuß rausreißen, angesichts dessen, dass ich sowieso nicht viel zu gewinnen hatte. Und Roland und Steve waren beide ganz nett und durften von mir aus herzlich gerne einen Sieg mit nach Hause tragen. Den Weltmeistertitel kann mir bis zur nächsten Weltmeisterschaft sowieso niemand nehmen und wenn man ständig nur gewinnt neigen andere sowieso manchmal dazu zu denken, dass einem das ganz leicht fällt und ich mich gar nicht so sonderlich anstrengen muss. Vielleicht ist es auch eher wieder etwas Besonderes irgendwann wieder als erster ins Ziel zu kommen, wenn es nicht zur Selbstverständlichkeit und Normalität wird.

Radeln 6 

Lenker mit improvisierter Lichthalterung

 

Im Endeffekt konnte ich an dem Tag auch ein wenig verstehen, warum manche Profisportler irgendwann komplett aufhören mit dem Wettkampfsport. Es ist gar nicht so leicht einen Wettkampf nur aus Spaß zu bestreiten, wenn man sich damit gar nicht so wirklich etwas beweisen kann, da man an bereits erreichte Bestleistungen nicht wirklich heran kommt. Genau deswegen fand ich es aber gut, dass ich gestartet war. Einfach um zu zeigen, dass ich auch bei einem Wettkampf starten kann, nur weil so eine Veranstaltung Spaß macht. Es ist nett so viele interessante Sportlertypen versammelt zu sehen, sich beim Radeln und Laufen und natürlich auch beim Rahmenprogramm des Wettkampfes mit allerlei Leuten zu unterhalten die das Gleiche Hobby haben, sich von der laufenden Uhr und von den anderen Sportlern auf der Strecke anspornen zu lassen und es zu genießen immer wieder von Zuschauern angefeuert zu werden.

Dazu muss man gar nicht vorne liegen. Im Gegenteil habe ich mich noch nie so viel mit anderen unterhalten während dem Wettkampf und mich absolut wohl gefühlt weiter hinten. Es funktioniert leichter andere anzufeuern von dort und ihnen gegenüber Anerkennung für ihre Leistung auszudrücken. Irgendwie kommt so etwas aus der Position desjenigen der schneller ist und führt oft nicht so wirklich an, habe ich das Gefühl.

Mein Ziel vor neun zum Laufen zu wechseln erreichte ich und zu der Zeit hatte ich dann zwischen vier und fünf Runden Rückstand auf Roland und zwischen ein und zwei Runden auf Steve und Thorsten. Ghislain lief kurz nach mir ins Wechselzelt und Mark hatte ungefähr eine Runde Rückstand auf mich. Ich selbst ging davon aus, dass das Laufen noch anstrengender werden würde als das Schwimmen und Radeln und wollte eigentlich nur gut ins Ziel gelangen.

 

Laufen

Als ich aus dem Wechselzelt auf die Strecke lief kam mir gerade Steve entgegen. Ich nickte ihm zu und grüßte, worauf er die Hand ausstreckte um sie abzuklatschen. Dazu war ich dann allerdings zu langsam und schon vorbeigelaufen. Auch den anderen begegnete ich und alle grüßten freundlich zurück als ich ihnen begegnete.

Die ersten zehn Runden ging ich gemütlich an. Ich machte jedes Mal wenn ich am Auto vorbei kam kurz Pause um etwas zu essen und zu trinken. Inklusive Pause betrugen meine Rundenzeiten 8 Minuten auf die 1,4 Kilometer. Damit würde ich die Laufstrecke immerhin in 8 Stunden schaffen, was ich in Ordnung fand.

 Wechsel 2

Wechsel zum Laufen

Ghislain war trotzdem nicht schneller als ich, was ich aber auch schon aus Neulengbach wusste. Mark dagegen holte Stück für Stück auf und war nach 10 Runden schon kurz davor mich zu überholen. Ich setzte mich nach dieser Runde kurz hin, aß ein paar Löffel Müsli und erzählte meiner Schwester, dass ich heute wohl kaum unter die ersten drei gelange. Aber sowohl Roland, als auch Steve waren sehr nett und ich gönnte ihnen ganz herzlich zu gewinnen. Und Annette, Rolands Frau, hatte während dem Wettkampf mit meiner Schwester zusammen gearbeitet und mich insofern auf der Radstrecke auch mit betreut.

Als ich weiterlief hatte Mark immer noch nicht überholt und allmählich schien er langsamer zu werden, denn er holte nicht weiter auf. Mir dagegen ging es zunehmend besser. Meine Fußsohlen taten nicht mehr weh, wie am Anfang des Laufens, ich hatte Energie und fühlte mich so langsam vollkommen wohl in meiner Haut. Das Anfeuern der Zuschauer machte riesig Spaß und so wurden meine Schritte länger und länger und ich genoss es endlich mal vorwärts zu kommen. Ich fühlte mich vollkommen regeneriert und zum ersten Mal während des Wettkampfes voller Elan und Energie. Das war bei meinen bisherigen Wettkämpfen eher beim Radfahren und am Anfang der Laufstrecke der Fall gewesen.

 Laufen 5

Beim Laufen

So baute ich meinen Vorsprung auf Mark wieder aus und holte allmählich den Rückstand auf Thorsten und Steve auf. Zunächst war mir das recht egal. Ich genoss einfach das Laufen und dass es so gut und leicht lief und meine Beine richtig Spaß daran fanden mich zu tragen. Die Zuschauer fanden es sichtlich toll, dass ich lächelnd und mit Freude laufen konnte, klatschten und riefen fleißig oder machten Laolawellen. Ich winkte zurück, lächelte sie fröhlich an und ließ mich von ihrer Anteilnahme und Aufmerksamkeit mit leichten Füßen an ihnen vorbeitragen. Schnell hatte ich einen Fanclub, die nur darauf warteten, dass ich wieder vorbeikam und ich fühlte mich wie ein Publikumsliebling.

Einer der Veranstalter sagte später, als ich gelobt hatte wie viele Zuschauer bis tief in die Nacht geblieben sind, dass daran auch ich beteiligt war. Viele fanden es beeindruckend mir beim Laufen zuzusehen, warteten schon darauf dass ich wiederkam und eben auch zurück winkte, sie anlächelte und mich über ihre Zurufe sichtlich freute. Und sie waren dadurch um so mehr gespannt, wie es weiter geht und wie das Rennen endet.

 

Nach ein paar Runden interessierte ich mich dann doch wieder dafür, wie viel Rückstand ich denn auf die drei vor mir hatte. Ich fragte meine Schwester und laut Internet waren es 6 Runden (also ungefähr 45 Minuten) auf Roland und 2 auf die anderen. Wenn ich so weiter laufen würde hatte ich sogar Chancen sie einzuholen. Ich bremste meinen Laufelan also nicht, sondern wollte einfach mal sehen, ob ich ihn nicht durchhalten kann und hatte meinen Spaß daran möglichst schnell aufzuholen. Einer der anderen Sportler hatte mich zuvor schon immer wieder ermuntert nicht frühzeitig aufzugeben, sondern mein Bestes zu versuchen und sein Vertrauen ausgedrückt, dass ich noch aufholen kann. Beziehungsweise in unterschiedlichem Ausmaß machten das sogar viele der Sportler, dass sie einander immer wieder anfeuerten und ermutigten.

Nach einer Weile überholte ich Steve, allerdings als er nur ging und offensichtlich Probleme hatte. Ich fragte was los ist und ging kurz neben ihm her. Als ich weiterlief hoffte ich, dass alles wieder in Ordnung kommen würde. Es macht keinen Spaß jemanden zu überholen der Probleme mit Übelkeit, oder irgendwelche Schmerzen hat. Kurze Zeit später fing auch Roland an, immer wieder nur zu gehen. Er hatte Probleme mit einem Muskel im Oberschenkel. Ich lief zweimal einige Schritte neben ihm her, als ich ihn überholte. Bis er mich dann wieder weiter schickte und sagte ich solle ruhig weiter laufen. Leider erholten sich seine Beine nicht wieder auf die Schnelle und er beschloss das Rennen abzubrechen.

Laufen 4

Gemeinsames Laufen mit Mark

Ich selbst war auf diese Weise dann schon nach dem ersten Marathon auf einmal in Führung. Meine Schwester erzählte später, dass die Presse sich zuvor nicht sonderlich für sie interessiert hatte, nun aber auf einmal angelaufen kam. Als Roland in Führung lag hatten sie immer wieder Annette interviewt. Derjenige dagegen, der nur an vierter Position herum dümpelte war nicht sonderlich spannend gewesen. Das gibt dann doch ganz gut wieder auf was bei der Sportberichterstattung meistens die Hauptaufmerksamkeit gerichtet wird.

Da meine Fußsohlen wieder schmerzten, beschloss ich ein paar Runden später die Schuhe zu wechseln und zog bei der Gelegenheit auch neue Socken an. Dabei zog ich den einen unvorsichtigerweise über das Band mit dem Zeitmessungschip. Ein paar Runden später begann das Schienbein an dieser Stelle weh zu tun, worauf ich das Klettband mit dem Chip sofort am anderen Bein befestigte. Leider zu spät. Nun begann meine Sehne am Schienbein weh zu tun.

Andererseits war es so langsam gar nicht mehr sonderlich weit ins Ziel. Auf Nachfrage erzählten mir die Veranstalter, dass ich nur noch 15 Runden vom Ziel entfernt sei und 2 Runden Vorsprung habe. Ich begann mal wieder fleißig jede Runde zu essen und zu trinken, um mich ein wenig zu erholen von den Runden, in denen ich einfach immer schnell am Auto vorbeigelaufen war. Da meine Muskeln bislang aber keinerlei Ermüdungserscheinungen zeigten, war ich zuversichtlich meinen Vorsprung gut ins Ziel retten zu können.

Nach Kurzem erzählte meine Schwester, dass ich schon 49 Runden absolviert hätte, ich konnte also bald mit dem Countdown beginnen. Als ich kurze Zeit später drauf und dran war Mark zu überholen meinte dieser „das kann nur der Ridschi sein, sonst überholt mich hier keiner“. Ich nahm das als Anlass auch etwas zu sagen und so liefen wir dann gemeinsam und unterhielten uns. Dadurch zählte ich aber nicht mehr bei meinen Runden mit, schließlich ging ich davon aus, dass dies sowieso der Computer übernimmt. Und mir war es ja auch nicht wichtig möglichst schnell zu sein, da konnte ich mich auch noch einige Runden kurzweilig mit Mark unterhalten.

Schon zuvor hatte das Zeit- und Rundenmesssystem nicht so einwandfrei funktioniert. Die Informationen die mir meine Schwester gab, waren nicht immer widerspruchsfrei. Ich schob das zunächst darauf, dass sie nur mit ihrem Handy übers Internet die Runden abrief und das Ganze dort

Laufen 7

Letzte Runde

vielleicht nicht in Echtzeit aktualisiert wurde. Und den Bildschirm vorne konnte ich nicht aus dem Laufen heraus lesen und anhalten wollte ich nicht. Im Endeffekt war mir das aber egal. Ich ging davon aus, dass schon alles seine Richtigkeit hat und mir irgendwann jemand sagen würde, wenn ich bald fertig bin mit meiner Strecke.

Gegen halb drei war der Bildschirm aber komplett schwarz und niemand konnte mir sagen wie viele Runden mir noch fehlten ins Ziel. Ich lief einfach weiter, unterhielt mich mit Mark, während mein Schienbein leider immer stärker schmerzte. So fing ich an mit dem rechten Fuß auf dem Vorfuß zu laufen. Das ging besser und muskulär war es nach wie vor kein Problem. Die Beine schienen nicht müde werden zu wollen.

Im Endeffekt ärgerte ich mich natürlich ein wenig über mich selbst. Das war das erste Mal, dass es mir auch beim zweiten Marathon muskulär wunderbar ging, dafür beschwerte sich nun die Sehne, da ich nicht richtig aufgepasst hatte mit dem Chipband. Aber immerhin habe ich so eine neue Erfahrung gemacht, auf was ich aufpassen muss.

Irgendwann kam Thorsten uns wieder näher und da ich nicht so richtig wusste, wie viele Runden Rückstand er tatsächlich hatte beschloss ich mal wieder schneller zu laufen. Außerdem wollte ich probieren, ob dann vielleicht mein Schienbein weniger schmerzt. Außerdem überlegte ich so langsam wie weit ich insgesamt noch laufen mag. Wenn es zuvor nur noch 11 Runden gewesen waren dürften es so langsam nicht mehr viele sein. Ich beschloss also noch 5 Runden zu laufen. Wenn diese vorbei waren zur Sicherheit vielleicht nochmal zwei. Spätestens dann müsste ich aber meine 60 schon zusammen haben und ich hoffte dass ich bis dahin auch mal wieder eine Anweisung der Veranstalter bekommen würde. Sonst musste ich wohl nochmal nachfragen.Zwei Runden später bekam ich dann gesagt, dass ich nur noch zwei Runden zu laufen habe. Das hörte sich natürlich gut an. Ich tat also wie mir geheißen, bekam auf der nächsten Runde eine Deutschlandfahne in die Hand und lief mit dieser meine letzte Runde, während all die anderen Sportler mir gratulierten. Dann lief ich gemeinsam mit meiner Schwester über die Ziellinie. Trotz der späten Stunde, es war halb fünf, waren noch viele wach die mich dort erwarteten.

 

Nachdem ich geduscht hatte ging ich ins Erste Hilfe Zelt um mich massieren zu lassen und dort waren auch schon Thorsten und Mark, die gemeinsam über die Ziellinie gelaufen waren, da sie der Meinung waren eigentlich ungefähr gleich weit sein zu müssen. Wir unterhielten uns und ich fragte die Ärztin, ob sie sich so lange mein Schienbein ansehen könne und mir Ratschläge erteilen, wie ich damit

Ziel 1

Im Ziel

umgehen soll.

Inzwischen war das Zeitmeßsystem immer noch nicht wiederhergestellt und gegen fünf wurde daher das Rennen abgebrochen. Es war doch etwas frustrierend Runde um Runde zu laufen, was nach so vielen Stunden auf den Beinen auch nicht immer einfach ist, dabei aber nicht einmal zu wissen ob die Runden überhaupt gezählt werden, wie weit man schon gelaufen ist und ob das Ziel eigentlich näher rückt. Und während bei den Spitzenpositionen wenigstens noch ein Überblick über die Reihenfolge der Sportler herrschte, hatten die Veranstalter keinen wirklichen Überblick wie weit all die anderen ungefähr gelaufen waren. Bei mir und den anderen fünf die an der Spitze des Feldes lagen, hatten sie einfach auf Basis der letzten Angaben des Computers mitgezählt und auf diese Weise geschätzt, dass wir im Ziel sein müssten.

Ich ging vor das Zelt und hörte zu was nun geschehen sollte. Die Techniker der Zeitmessfirma sollten eine Stunde Zeit bekommen, das System wieder zum Laufen zu bekommen. Dann sollte das Rennen voraussichtlich erneut gestartet werden.

 

Die zwei ehrenamtlichen Helferinnen im Massagezelt hatten nun alle Hände voll zu tun die Beine derjenigen, die nun eine Stunde Zwangspause hatten, zu massieren, damit die Beine warm und locker blieben. Ich hörte mehrere Gespräche und Meinungen, insofern weiß ich selbst nicht so genau, was nun alles beschlossen und für das weitere Vorgehen angekündigt wurde. Obwohl sich die Veranstalter bemühten einheitliche und klare Informationen an alle auszugeben war die Situation natürlich ein wenig chaotisch.

Nach einer Weile wurde das Rennen fortgesetzt, allerdings nach wie vor ohne dass der Computer mit den Ergebnissen der elektronischen Zeitmessung funktionierte. Ich glaube das Starterfeld wurde auf Basis der Informationen der GPS-Uhren die einige Sportler anhatten und dem was sie sonst so selbst an Überblick hatten, neu aufgestellt. Ob das Rennen dennoch in die offizielle Worldcup-Wertung aufgenommen werden könne, konnte der Präsident der IUTA nicht versprechen, kündigte aber an dies zeitnah diskutieren und bekannt geben zu wollen.

Nicht alle hatten Lust das Rennen dann fortzusetzen. Einige weil es nach der Pause nicht mehr richtig klappen wollte erneut loszulaufen, andere weil sie mit der ungenauen Rundenmessung nicht klar kamen. Den Veranstaltern ihrerseits setzte diese Panne sichtlich zu und sie bemühten sich redlich die ganze Veranstaltung darüber hinweg zu retten.

Sonntag:

 Abschlussveranstaltung 5

 

Ich selbst ging erstmal ins Zelt um ein paar Stunden zu schlafen. Gut schlief ich leider nicht, da mein rechtes Sprunggelenk nun doch ziemlich schmerzte und mich immer wieder weckte sobald ich mich bewegte. So stand ich um zehn wieder auf und ging vor zur Wettkampfstrecke. Fortbewegen musste ich mich entweder stark humpelnd, oder auf einem Bein hüpfend. Roland und seine Familie waren gerade am Aufbruch, da seine Töchter am nächsten Tag wieder in die Schule mussten. Ich unterhielt mich noch eine Weile mit ihnen. Nach dem Abschied setzte ich mich in meinem bequemen Campingstuhl um von dort das Geschehen zu beobachten und zu frühstücken.

 Abschlussveranstaltung Tanz 3

Cheerleader bei der Arbeit

Der Tag war sonnig, mit einigen Schönwetterwolken und die Stimmung war wieder gut. Ich führte viele nette Gespräche mit anderen, am Anfang von meinem Stuhl aus, später konnte ich schon wieder mein Fahrrad nehmen und war damit einigermaßen mobil. Im Ganzen war es wirklich ein schöner Sonntag mit vielen netten Gesprächen.

Nach meinem Frühstück, um elf, kam ein Mann von der Zeitung, der die ganze Veranstaltung allgemein schon ausgiebig in die Zeitung gebracht hatte. Er stellte einige Fragen und ging dann weiter um auch noch andere zu interviewen. Am Abend kam er dann wieder und hatte für alle einen Ausdruck dabei wie die Artikel am nächsten Tag in der Zeitung wahrscheinlich aussehen würden.

Abends gegen 18:30 lief dann der letzte ins Ziel und anschließend gleich weiter in die Tennishalle zur Siegerehrung und dem Abschlussessen. Eine Cheerleadergruppe führte einen tollen Auftritt vor, dann wurden alle Sportler einzeln auf die Bühne gebeten um einen Finisherpokal entgegen zu nehmen.

Abschlussveranstaltung 3 

Abschlussveranstaltung

Das Abschlussessen war wie die Pastaparty sehr lecker und vielfältig. Außerdem bot es eine gute Gelegenheit nochmal zusammen zu sitzen und sich am Ende von allen zu verabschieden. Ein Gespräch, das ich noch erwähnen möchte führte ich mit einem der Gastgeber. Er erzählte, dass er schon seit über 20 Jahren selbst Marathons laufe, entsprechend lange in einem Laufverein aktiv sei, dabei auch schon viele Menschen laufen gesehen habe, von meinem Laufstil aber wirklich beeindruckt gewesen sei. Er war auch vor zwei Jahren dabei, als Adrian Brennwald die Weltbestzeit beim doppelten Ultratriathlon aufstellte. Während dieser mit Kraft laufe, meinte er, würde ich dagegen mit Leichtigkeit und Freude laufen.

Er erzählte weiter, wie dies am Abend zuvor auch die Zuschauer begeistert habe und wesentlich dazu beitrug eine gute Atmosphäre an der Laufstrecke aufrecht zu erhalten. Wahrscheinlich spielen dabei noch mehr Faktoren mit. Vielleicht spielte mein Weltmeistertitel eine Rolle z.B. für die Aufmerksamkeit die mir und meiner Performance entgegengebracht wurde. Vielleicht passte ich damit in irgendein Bild, vielleicht wurden mir wieder Chancen zugerechnet das Rennen doch noch spannend zu machen. Vielleicht war es auch einfach nur toll, dass ich darauf reagierte, wenn man mich anfeuerte und mich zumindest mit einem Lächeln dafür bedankte. Auf jeden Fall hatte ich noch nie ein so motivierendes Publikum erlebt und bekam bei diesem Gespräch vermittelt, dass das Verhältnis zu diesem auf Gegenseitigkeit beruht und davon abhängt wie man selbst mit dem Publikum umgeht. Für mich war das eine recht wertvolle Erkenntnis, da ich mich einerseits zuvor nie als jemanden gesehen habe der gut und spielerisch mit Publikum umgehen und interagieren kann und andererseits noch nie so dessen beflügelnde Wirkung nutzen konnte. Zumindest nicht bei einem Publikum aus Menschen die ich eigentlich nicht wirklich kenne.

Mit diesen Gedanken konnte ich mich dann auf den Heimweg begeben. Im Großen und Ganzen war ich zwar etwas ausgelaugter, als nach den anderen beiden Wettkämpfen, hatte keinen großen Titel gewonnen und auch keine persönliche Bestzeit erreicht, dennoch  war ich stolz darauf wie ich mich beim Laufen doch noch auf die erste Position kämpfen konnte, gut gelaunt durch die gesellige und soziale Atmosphäre des Wochenendes, um allerlei interessante Erfahrungen reicher und insgesamt sicher genauso glücklich wie nach den Wettkämpfen in Slowenien und Österreich.

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