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New York City Marathon – zwei Tübingerinnen unter 52 000 Teilnehmern

Verfasst von Jule Vetter
Laufsport, Laufveranstaltungen, Marathon
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Jule und ihre Mutter Heidrun nach dem Zieleinlauf im Central Park vereint
Bild: Vetter

New York City. Wie immer am ersten Novembersonntag fiel der Startschuss für den 52. New York City Marathon. Der Major-Marathon, der mit seinen über 50.000 Finishern zu den größten der Welt gehört, ist bekannt für seine Stimmung und Energie auf und abseits der Strecke. In diesem Jahr standen auch Heidrun Vetter und ihre Tochter Jule Vetter an der Startlinie des Großevents. Während Heidrun ihren ersten und einzigen Marathon 1992 ebenfalls in New York absolviert hatte, gab Jule 31 Jahre nach ihrer Mutter ihr Marathon-Debüt am gleichen Ort. Bereits vor dem Start überzeugte der Veranstalter mit einer reibungslosen Organisation der Marathon-Expo, der Gepäckaufbewahrung und der Transportation zum Start. Die Marathonstrecke führt durch alle fünf Stadtteile der 8-Millionenstadt. Da es sich nicht um einen Rundkurs handelt, ist der Marathon mit einer einstündigen Fahrt zum Start verbunden. Dies erforderte von den beiden Starterinnen ein frühes Aufstehen, um die Transportmöglichkeiten, die vom Veranstalter zur Verfügung gestellt werden, nutzen zu können.

Sobald der Startschuss der ersten Welle um 9:10 Uhr gefallen ist, bewegen sich die Läufermassen über die Verrazzano Bridge von Staten Island nach Brooklyn. Belohnt werden die LäuferInnen, nachdem sie den Anstieg hinter sich gebracht haben, mit einem einzigartigen Blick auf die Skyline von Manhattan, bevor sie von den Zuschauern nach Verlassen der Brücke empfangen werden.

Ab Meile 3 stehen die Zuschauer dicht an dicht. Egal wie schnell, egal wer – jeder Läufer wird mit Plakaten, Trommeln, Schreien, lauter Musik durch die Straßen getragen.

Einfach ist der Abschnitt aber nicht wie die beiden früh feststellten. Nicht nur die fünf Brücken, die bei dem Marathon zu überqueren sind, sondern auch die Abschnitte dazwischen sind mit einigen Höhenmetern verbunden.

Etwas ruhigere Minuten erwarteten die beiden in Williamsburg (Brooklyn), wo viele orthodoxe Juden wohnen, die dem jährlichen Marathonsonntag nicht mit dem gleichen Enthusiasmus entgegenblicken wie der Rest der Stadt.

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Noch lächelt Jule Vetter, später wurde es aber ein harter Kampf für die Marathon-Debutantin

Von Brooklyn ging es über die Pulaski Bridge, auf der sich auch der Halfway-Point (Halbmarathon) befand, nach Queens. Auch dieser Stadtteil war aufgeladen mit der Energie der Zuschauer. Während Heidrun immer besser in das Rennen fand, nahmen bei Jule muskuläre Probleme in den Oberschenkeln stetig zu. Der Stadtteil wurde wieder über die Queensboro Bridge verlassen – ein kurzer Moment der Ruhe, da hier keine Zuschauer erlaubt sind. Diesen Umstand versuchen die Zuschauer auf der anderen Seite der Brücke durch eine extreme Lautstärke auszugleichen, die den Läufern bei herunterlaufen der Brücke entgegenschlägt.

Ab diesem Zeitpunkt wird neben der üblichen Verpflegung von Sanitätern auch Vaseline, Salz und Eis in regelmäßigen Abständen angereicht. Ein Service, der nicht bei vielen Rennen zu finden ist.

Angekommen in Manhattan geht es auf die lange und wellige Gerade der 1st Avenue. Hier musste Jule die ersten Gehpausen einlegen. An Aufhören war bei der Dichte an Zuschauern allerdings nicht zu denken. Stattdessen wurde sie befeuert weiter zu laufen („Keep going“; „You got this, girl“). Eine Zuschauerin half kurzerhand mit einem Massage-Stick aus. Mit einem anderen Läufer in einem ähnlichen Stadium verabredete sie, dass sie beide ins Ziel laufen werden. Tatsächlich haben sie sich hinter der Ziellinie wiedergetroffen.

Heidrun derweil kämpfte mental, wurde aber auch von der Lautstärke, der Stimmung und der Energie am Streckenrand getragen.

Beide nahmen dann die Brücke in die Bronx und verließen den Stadtteil eine Meile später über die letzte Brücke wieder nach Manhattan. Hier lag ein letzter Anstieg und der wellige Central Park vor ihnen. Heidrun konnte hier die Energie der Zuschauer voll aufnehmen und genoss die letzten anspruchsvollen Meilen im und um den Central Park.

Die Uhr stoppte für Jule nach 3:09:23 Stunden – damit war sie zweitschnellste Deutsche und 7. In ihrer Altersklasse (und schneller als ihre Mutter 1992).

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Heidrun Vetter finisht 31 Jahre nach ihrem Debut in New York City

Heidrun kam nach 3:36:01 durchs Ziel als 27. Deutsche und 5. in ihrer Altersklasse.

Damit blieb Jule zwar unter ihrer ursprünglich angestrebten Zielzeit, aber zeigte sich angesichts des die Marathonvorbereitung unterbrechenden juristischen Staatsexamens und einem Infekt 3 Wochen vor dem Rennen dennoch zufrieden mit ihrem Finish. Auch Heidrun hatte mit einer schnelleren Zeit geliebäugelt, war aber aufgrund der schwierigen Strecke glücklich mit ihrer Leistung.

Nach dem Zieleinlauf folgte noch der 3 km lange Rückweg zum Hotel, bei dem sie mit ungewöhnlich vielen Glückwünschen von entgegenkommenden Passanten bedacht wurden.

Insgesamt hat New York die beiden mit seiner Energie, Motivation und Lauffreude, die von Läufern, Zuschauern und den Helfern gleichermaßen ausgeht voll überzeugt.

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