Als wir am Anfang dieses Jahres unseren Urlaub in Island planten, hatte ich mir überlegt, dass sich dies doch prima mit der Teilnahme am Reykjavík Marathon verbinden ließe. Dieser findet alljährlich am dritten Wochenende im August statt. Während es dann zu dieser Zeit im Deutschland drückend heiß ist (und zumindest sein sollte), kann man dort wahrscheinlich doch bei angenehmer Temperatur laufen.
Gesagt – getan. Ich habe mich angemeldet, und ließ mich auch von den üblichen Widrigkeiten (Verletzung im Vorfeld, Erkältung in der Woche vorher) nicht stoppen. Im Urlaub hatte ich auch versucht, auf Islands einsamen Landstraßen zu trainieren. Frühmorgens herrscht kaum Verkehr und man hat die Straße fast für sich. Lediglich die lokale Fauna ist schon aktiv. Bei Tierbegegnungen gibt es aber ein paar Dinge zu beachten: Meist wandern links und rechts der Strasse Schafe (die sind auf Island einfach überall).
Dabei heisst es jedoch vorsichtig sein: Einmal baute sich schön pittoresk eine Gruppe Schafe neben mir am Strassenrand auf, und ich begann ein paar Fotos zu schießen. Bis ich merkte, dass die Schafe sich keilförmig formierten (das jüngste Tier in Deckung nehmend) und das Anführerschaf zum Angriff überging. Beunruhigt packte ich schleunigst mein Phone weg und sah zu, dass ich davon kam.
Außer Schafen gibt es auch noch die äußerst aggressive Küstenseeschwalbe, deren Brutgebiete sich entlang der Küste befinden. Mich haben sie nicht angegriffen, aber ich habe gesehen, wie Läufer einmal mühsam die Angriffsflüge einer Schwalbe abwehrten. Und dann gibt es natürlich noch Eisbären – der letzte wurde dort tatsächlich in diesem Juli erschossen. Die sind dann sogar noch gefährlicher als Schafsböcke. Angesicht dieser Gefahren auf den Laufstrecken war es kein Wunder, dass mein Trainingsstand zu wünschen übrig ließ.
Der Tag der Entscheidung war der 3. Samstag im August. Das ist alljährlich ein besonderer Tag in der Hauptstadt Islands, denn mit dem Start des Reykjavik-Marathons beginnt gleichzeitig auch das grösste Kultur-Festival der Stadt. Halb Island ist dann in der Hauptstadt unterwegs und auf den Strassen herrscht Hochbetrieb.So auch am Start des Laufs. Denn neben dem Marathon finden dann noch zahlreiche andere Laufwettbewerbe verschiedener Streckenlänge statt (Kinderläufe, 10 km Lauf, Halbmarathon), so dass für Klein und Groß etwas dabei ist.
Außer Isländern hatten sich noch ca. 4000 Läufer aus dem Ausland angemeldet. Darunter viele US-Amerikaner, Kanadier, Chinesen und Australier…und Deutsche. Das Wetter war traumhaft, ein schöner Sommertag in Island: Blauer Himmel, leichte Bewölkung, kaum Wind, Temperatur am Morgen 11 grad, mittags dann 16 grad, Sonne. Der Song „Beautiful Day“ von U2 , mit dem wir um 8.40 Uhr auf die Strecke geschickt wurden, passte perfekt zu diesem Morgen. Marathon und Halbmarathon starteten gemeinsam, die ersten 19 km sind für die beiden Läufe identisch. Die gesamte Marathonstrecke ist zu 60% flach und zu 40% hügelig. Der absolute Höhenunterschied beträgt im Maximum 30 m. Der hügelige Teil beginnt nach dem Halbmarathonabschnitt. Die erste Hälfte der Strecke führt zunächst durch Wohngebiete und schließlich am Hafengebiet entlang.
Fantastisch war an diesem klaren und frühen Morgen der Anblick der sich glatt daliegenden Wasser spiegelnden Skyline von Reykjavik und der ankernden Schiffe. Auch ein gewaltiges Kreuzfahrtschiff war angekommen. Weiterhin konnte man Ausblicke auf die Reykjavik umgebenden Bergen mit den den Gletschern (Eshan und Snaefellsjökull) genießen. Dieser erste Teil der Strecke war gefühlt der beste Teil: Die tollen Ausblicke, überall standen Leute und haben die Läufer angefeuert, es gab Musik (meist durch Live- Bands). Die Tagestemperatur war ideal, es gab kaum Wind, nur ab und zu einen kühlen Windhauch, den ich dann aber als angenehme Erfrischung empfunden habe. Und läuferisch einfach zu bewältigen.
Bei km 19 bogen die Halbmarathonis dann ab und liefen wieder in einer Schleife zurück zum Ziel. Der Marathon wurde weiter in die Aussenbezirke von Reykjavik geführt. War vorher die Strecke komplett verkehrstechnisch gesperrt, so wurde hier im weiteren Verlauf durch Helfer die Strassenüberquerungen geregelt. Zuschauer gab es jetzt nur noch wenige. Das Streckenprofil wurde hügeliger. Mir machte das jedenfalls dann ab km 27 doch spürbar zu schaffen und ich merkte meine Trainingsdefizite (die aggressiven Schafe….). Landschaftlich ist die Strecke immer noch schön:
Es geht weiter durch einen Park, ein Flusstal entlang mit Blick auf einen kleinen Wasserfall, durch Naturschutzgebiete, an einem Strand und einem Leuchtturm vorbei. Schließlich wieder zurück zum Stadtzentrum, wo wieder viele Zuschauer waren, die die eintreffenden Läufer anfeuerten. Ich war froh, als ich das Ziel erreicht hatte ( bei zugegebenermaßen für mich mäßiger Zeit von 4:19). Insgesamt gab es 1306 Finisher, darunter 467 Frauen- das entspricht einem Frauenanteil von etwa 35% ! Das ist bemerkenswert, da in Deutschland der Anteil der Läuferinnen nur bei etwa 20% liegt.Gewonnen hat den Lauf übrigens ein Kanadier (2:29:45). Hinterher sind wir dann noch durch die Stadt geschlendert: Es spielten bis spät in den Abend Live-Bands, Chöre traten auf, es gab zu Essen und zu Trinken und um 23:00 Uhr wurde der Tag mit einem beeindruckenden Feuerwerk beendet.
Fazit: Ein absolut empfehlenswerter Sommer-Marathon in einer tollen Stadt/Landschaft. Prima Organisation, alles sehr unkompliziert und familiär und somit eine willkommene Abwechslung zu den Großstadtmarathons.
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